SEFone, 27. September 2002 um 17:14:00 MESZ Ode An Die Zwiebel Pablo Neruda Zwiebel, leuchtende Phiole, Blütenblatt um Blütenblatt formte deine Schönheit sich, kristallene Schuppen ließen dich schwellen, und im Verborgenen der dunklen Erde füllte dein Leib sich an mit Tau. Unter dieser Erde ward dieses Wunderwerk, und als dein unbeholfener grüner Trieb erschien und deine Blätter degengleich sprossen im Garten, drängte die Erd ihren Reichtum zusammen und wies deine durchscheinende Nacktheit, und wie in Aphrodite das ferne Meer die Magnolie nachschuf, da es ihre Brüste formte, also bildete die Erde dich, Zwiebel, hell wie ein Planet und zu leuchten bestimmt, unvergängliches Himmelszeichen, rundliche Rose von Wasser auf dem Tisch der armen Leute. Verschwenderisch läßt du deinen Globus der Frische zergehn im verzehrenden Sud des Topfes, und der kristallene Saum und des Öls entfachter Hitze verwandelt sich in eine gekräuselte Feder von Gold. Auch gedenke ich, wie dein Zutun die Freundschaft des Salates fruchtbar macht, und es will scheinen, der Himmel hilft mit, da er dir des Hagelkorns zierliche Gestalt verlieh, deine feingehackte Helle zu rühmen auf den Hemisphären einer Tomate. Aber erreichbar den Händen des Volkes und beträufelt mit Öl, bestreut mit ein wenig Salz tötest du den Hunger des Tagelöhners auf mühsamem Wege. Stern der Armen, gütige Fee, eingehüllt in zartes Papier kommst du aus dem Boden der Erde, ewig, vollkommen und rein wie Samenkorn der Gestirne, und wenn in der Küche das Messer dich zerschneidet, quillt die einzige leidlose Träne. Du machst uns weinen, ohne uns zu betrüben. Solange ich lebe, will ich lobsingen, Zwiebel, für mich aber bist du schöner als mit blendenden Schwingen ein Vogel, für meine Augen bist du Himmelskugel, Platinkelch, beschneiter Anemone unbeweglicher Tanz, und der Erde ganzer Duft, er lebt in deiner kristallinischen Natur. |
last updated: 05.02.05, 22:36
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